Von der Insel hören wir während der Reise mehr als ein Mal. Immer wieder trifft man Menschen, die davon sprechen. Ihre Augen leuchten, sie lächeln und geraten ins Schwärmen. Regenwald mit unglaublich riesigen Bäumen soll es dort geben. Coole Surfer, tolle Strände und Wale. Genau in dieser Reihenfolge natürlich. Also, machen wir uns auf den Weg und bringen unseren Grünen über’s Wasser.
Der Fährhafen Horseshoe Bay liegt nördlich von Vancouver. Alle zwei Stunden geht ein Schiff nach Nanaimo. Die Abwicklung läuft reibungslos. Die Canadier sind also nicht nur super freundlich, sondern auch noch organisiert. Großartig. Die Meeresluft wirbelt das Haar durcheinander. Du stehst am Bug und zählst die sanften Berge, die aus dem Wasser ragen. Die Sonne blendet und bevor du mit dem Staunen fertig bist, erreichst du schon die Ostküste von Van Island.
Wir rollen von Bord und lassen Nanaimo schnell hinter uns, gleicht diese Stadt doch so vielen anderen. Der Weg führt uns durch nasses und sattes Grün, soweit das Auge reicht.
Alles ist super ausgebaut und wirkt auf Besucher eingestellt. Es wird langsam dunkel, als die Kurven sich durch den Wald schrauben. Wir erreichen Tofino. Es regnet.
Der Vormittag ärgert uns weiter mit feuchtem Dunst, als wir uns orientieren und die kleine Stadt erkunden. Dennoch wird sofort klar: hier ist der Ort, wo jeder kreative, langhaarige, surfbegeisterte Schriftsteller wohnen sollte. Oder vielleicht wir?! Holzhäuser mit Surfbrettern vor der Tür weisen auf Kurse hin. Kaffeeröstereien haben kleine Läden mit bunten Stühlen. Man kann hier genauso einen Grill-Imbiss unter getrockneten Palmenblättern finden, wie man in der nächsten Strasse alles für das tägliche Leben findet. Gebucht wird eine Whale Watching Tour mit einem Zodiac für den nächsten Tag und dann, machen wir uns auf den Weg zum Strand. In Cox Bay erklimmen wir schwarze, bewachsene Felsen und wagen uns bis zur Klippe vor. Dort brechen die Wellen mit unvorhersehbarer Kraft. Wir lachen wie Kinder, während wir versuchen vor der weißen Gischt zu fliehen. Nasse Klamotten sind da wohl als Kollateralschaden anzusehen. Die Sonne wandert Richtung Horizont, als wir uns ein Plätzchen in der nächsten Bucht sichern. Wieder auf einer Felseninsel sitzend, unser Freund Heineken mit dabei, beobachten wir die letzten Surfer. Die Sonne verabschiedet sich langsam. Man kann nicht einfach in ein Zodiac einsteigen. Nein, nein. Vorher muss man sich einen riesig dicken, warmen, knallroten Ganzkörperanzug überstreifen. Und als wäre das rot nicht schon schlimm genug, kommt dann noch eine gelbe Öljacke darüber. In Größe XL – weiß man gleich Bescheid. Danke. Dann watschelt man Richtung Boot. Und weil wir es sind, setzt man sich nach ganz vorn. Dort ist in einem Zodiac die größte Bewegung. Kaum gestartet, erfüllen den einen Teil von uns Lachkrämpfe und dem anderen Teil laufen die Tränen. Wegen der lustigen Lachkrämpfe hauptsächlich. Die Tour dauert circa drei Stunden. Diese sind gefüllt von einer rasanten Fahrt und jeder Menge Tiere. Ein Seehund schaut uns auf dem Rücken liegend schelmisch an. Vögel mit langen knallorangenen Schnäbeln versuchen Muscheln aufzuknacken. Eine Seerobbe sonnt sich auf einem der Felsen. Oder wilde Kühe, die mit den Hufen im Wasser Pflanzen fressen. Nachdem wir riesige Wellen und massive Lachanfälle überwunden haben erreichen wir die Bucht. In dieser halten sich momentan drei Grauwale auf. Sie essen. Oder besser: sie verschlingen Tonnen von Plankton pro Tag. Man schützt das natürliche Verhalten der Tiere und fährt nicht zu nah ran. So sehen wir die leicht gebogenen Rücken und die Wasserfontänen aus einiger Distanz. Sie ziehen ihre Kreise und lassen sich – zum Glück – nicht von uns stören. Währenddessen bekommt der Guide per Funk die Nachricht, dass auf einer anderen Insel Wölfe zu sehen sind. Sie kämpfen am Strand um eine Seerobbe. Wölfe sind aber wohl nicht langfristig streitlustig. Als wir ankommen, sind sie verschwunden. In den letzten Minuten fängt es wieder an zu regnen. Die Tropfen sind wie Stiche im Gesicht, während das Zodiac uns schnell in den Hafen bringt. Perfektes Timing. Wir sind glücklich. Meer macht uns glücklich. Unsere Abendplanung besteht daraus, Lance Lapointe zu lauschen. Ein Indierock Musiker aus Vancouver Island, der ein kostenloses, kleines Konzert gibt. In der Hotellounge wirkt er völlig fehl am Platz. Er ist groß und füllt den Raum mit seiner rockigen, krachenden Stimme. Er ist gut. Es braucht zwei große Bier um genügend Mut zusammen zu haben, ihn anzusprechen. Ja, auch professionelle Fotografen müssen sich manchmal überwinden. Wir sprechen über ihn, den Blog, darüber was wir so tun – und verabreden uns für den nächsten Tag. Auf dem Weg zu ihm halten wir noch am größten Baum des Parks. 76 Meter hoch und neun Meter Umfang. Das ist schon `ne Ansage. In Port Alberni angekommen verbringen wir einen tollen Nachmittag in Lance Garten. Was daraus geworden ist, seht ihr bald!
Als wir wieder auf der Fähre nach Horseshoe Bay sitzen, sind wir um drei großartige Tage reicher. Die Insel hat uns eine Menge gegeben und das Leuchten in den Augen der Anderen findet ihr jetzt in unseren.
Zwei Tage nachdem wir Tofino verlassen haben, ist dort ein Whale Watching Boot tragisch verunglückt und mehrere Menschen sind gestorben. In Gedanken sind wir bei den Familien und Angehörigen der Opfer.
Kommentare
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Ich freue mich sooo sehr, dass Euch Tofinos Spirit in so kurzer Zeit erreicht hat!! Dieser Ort ist einfach magisch und bleibt Euch sicher lange in besonderer Erinnerung. Umso schlimmer die aktuelle Katastrophe – die Stadt, die Menschen, meine Freunde dort stehen unter Schock … Euch weiterhin phantastische u sichere Erlebnisse – Eure Photos sind wie immer sensationell ;)
Traumhafte Transzendenz – Eure Bilder schreiben das Werk von Edward Hopper mit dem Fotoappart fort. Ich bin hingerissen!