Oh Mann, San Diego. Was sollen wir zu dir sagen?! Du stehst unter keinem guten Stern. Und dennoch, gibst du uns in dieser Situation das Beste, was du zu bieten hast. Eine fremde Familie, die eigene Familie und UPS.
Wir erreichen die zweitgrößte Stadt Californiens an Thanksgiving. Man hat uns vorgewarnt. Dass auch nach dreistündiger Suche kein freier Campingplatz mehr aufzutreiben ist, haben wir nicht erwartet. In der Tasche haben wir die Nummer von Markus und seiner Familie. Die brauchen wir ausgerechnet an diesem Tag. Oder: zum Glück genau an diesem Tag! Denn Thanksgiving bedeutet teilen und etwas Gutes tun. Oh ja, das tun sie! Nach der ersten Nacht in deren Einfahrt plant uns Markus Frau Debbie direkt mit ein. Wir werden schnell in Familie und Alltag integriert und kommen zur Ruhe. Bis zu dem Zeitpunkt, als der Bus auf dem Weg zum Gitarren Center fontänenartig Kühlflüssigkeit verliert. Ja, der Musiker unter uns hält es nicht ohne Gitarre aus und ab jetzt wird das Instrument einen entscheidenden Anteil im Bett benötigen. Wo waren wir? Ah, der Bus geht nicht mehr! Einige Zeit versuchen wir selbst rauszufinden, was nicht stimmt. Fragen uns, wieso die Kühlflüssigkeit im vorderen Behälter plötzlich so ansteigt und Öl im Motorraum zu sehen ist. Wir rekonstruieren Ölwechsel und passierte Strecken. Das schlaue Buch wird befragt und dennoch, wissen wir nicht was los ist. Wir finden eine Werkstatt in der Nähe, die Sonntags geöffnet hat. Angespannt fahren wir hin. Die Anzeige der Wassertemperatur flippt aus. Dort angekommen schildern wir unser Problem und lassen den Grünen schweren Herzens stehen. Markus holt uns ab. Zu Hause gibt es erst Mal ein Schockbier. Am Morgen klingelt das Telefon. Dieser Mechaniker kann uns nicht weiter helfen, schickt uns zu einer anderen Werkstatt ums Eck. Wir holen den Bus ab und schaffen gerade so die paar Meter zu Peanuts Auto Repair. Montags geschlossen. Hervorragend. Es heißt also abwarten und am nächsten Morgen als Erster vor Ort sein. Rick, ein weißhaariger Mann mit einigen Jahren Erfahrung auf dem Buckel begrüßt uns, hört sich das Problem an. Viel kann er dazu noch nicht sagen. Worte verschwendet er insgesamt nicht viele. Als er feststellt, dass es ein Diesel ist, macht er ein besorgtes Gesicht. Die VW Vanagons – an der Westküste zahlreich zu finden – sind allesamt Benziner. Er bezweifelt, dass er passende Ersatzteile bekommt. Unsere Laune erreicht den Tiefpunkt. Am Nachmittag haben wir ihn wieder an der Strippe. Die Zylinderkopfdichtung ist gerissen. Au weia. Angeblich wurde diese einige Monate vor unserem Kauf erneuert und sollte dadurch 100.000 Kilometer halten. Wir haben Ersatzteile dabei, aber – wie sollte es anders sein – keine Zylinderkopfdichtung. Trübsal blasen hilft hier jedoch nicht! Also wird recherchiert. Fakt ist: Keinen Meter mehr fahren. Wir müssen die Teile aus Deutschland her bekommen. Und das möglichst schnell. Das auslaufende Visum und der Besuch meines Bruders in Mexiko setzen uns ein Zeitlimit. Durch die neun Stunden Zeitverschiebung wird eine Nachtschicht eingelegt. Wir müssen darauf warten, dass Deutschland wieder erreichbar ist. Zuerst wird unser Mechaniker angerufen. Er kann die Teile innerhalb weniger Stunden besorgen. Danach versuchen wir einen Online-Zugang bei UPS zu beantragen. Vergeblich. Den braucht man aber um eine Express Sendung in Auftrag zu geben. Zum Glück hat man Familie und Freunde zu Hause. Wir rufen Uschi an. Ihre schlichte Antwort: Ich kümmer mich drum. Was würden wir nur ohne diese Frau tun. Am nächsten Morgen Ortszeit ist die Sendung abgeholt, unterwegs und bereits bezahlt. Hatten wir schon erwähnt, wie wichtig es ist, Familie zu haben? Jetzt muss die Sendung nur noch in den USA ankommen. Bis dahin heißt es: warten. Diese Zeit nutzen wir um mit dem Rad die Innenstadt zu erkunden und uns den Zoo von San Diego anzuschauen. Ab Donnerstagabend wird im Stundentakt der Weg des Pakets verfolgt. Geschafft. Die Sachen sind durch den Zoll. Und erreichen die Werkstatt Freitag Vormittag. Rick hat unser Auto vorbereitet und tauscht die Zylinderkopfdichtung in wenigen Stunden aus. Wir planen unsere Weiterfahrt für dieses Wochenende. Alles wird sehr knapp, aber wir können es schaffen. Samstag Vormittag erreichen wir hoffnungsvoll die Werkstatt. Als wir Ricks Gesichtsausdruck sehen, macht sich ein dumpfes Gefühl im Magen breit. Der Ventilator funktioniert nicht mehr. Folgeschaden? Kettenreaktion? Er versucht es mit einem Switch. Das hilft zunächst, behebt das eigentliche Problem aber nicht. Zwei Stunden später laufen die ersten Tränen. Entweder hat der Zylinderkopf einen Riss oder der Motorblock. Beide Optionen heißen für uns nichts Gutes. Ist das, das Ende unserer Reise?Zunächst muss der Motor wieder auseinander genommen werden und der Zylinderkopf bei einem Spezialisten überprüft. Wir machen drei Kreuze, dass unsere Familie und der deutsche Mechaniker eine zweite Zylinderkopfdichtung eingepackt haben. Ist diese ein Mal verwendet worden und der Motor muss danach wieder geöffnet werden, braucht man eine Neue. Das ganze Prozedere wird erneut einige Tage dauern. Wenn wir dann Gewissheit haben was los ist, besteht nach wie vor das Problem: Wo bekommen wir Diesel Ersatzteile her?
In diesem Status verharren wir gerade. Sitzen recherchierend vorm Rechner oder warten auf Anrufe vom Mechaniker. Suchen nach einer zeitsparenden Lösung – oder überhaupt einer Lösung. Aufgegeben wird nicht. Wir wollen weiter. Markus Familie hat uns ein Zuhause in San Diego geboten. Einen Ort, der uns aufgefangen hat, als der Bus nicht mehr unser Schlafzimmer sein konnte. Alles was uns hier zu sagen bleibt ist: Ein riesengroßes DANKE.
Kommentare
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Oh weh, das klingt gar nicht gut! Ich drücke euch die Daumen, dass die Reise weitergehen kann!
Liebe Grüße aus Aschheim,
Florian
Drück euch ganz fest die Daumen, dass der Grüne bald wieder fährt.
Liebe Grüße vom See,
Susi
Lena, so toll schreibst Du gegen die Enttäuschung an, dass selbst dieser Tiefpunkt wie ein super Abenteuer wirkt. Wir drücken Euch tröstend und unsere Daumen mit der Zuversicht: es muss einen Weg weiter geben und wir sind sicher ihr findet ihn. Küsse
Hallo ihr zwei, ich lese gerade eure Nachricht und das hört sich nach einer echten Herausforderung an. Aber das Ende der Reise ist es in keinem Fall! Die geht weiter … Ich wünsche Euch ganz viel Glück, habe für euch einen Wunsch ins Universum gerufen, der fliegt jetzt nach San Diego und wer weiß, vielleicht läuft das Auto dann wieder … denk an Euch, liebe Grüße von Christina
Jemine. Ich wünsche euch die Geduld und die Fähigkeit trotz der unangenehmen Wartesituationen vor Ort alles genießen zu können.
Wahrscheinlich ist diese erzwungene Stop wieder für irgendetwas gut.
Wir drücken euch natürlich trotzdem die Daumen, dass ihr alles in der geplanten Zeit noch schaffen könnt.
Liebe Grüße aus Herdecke
Nina und Daniel
Hallo Ihr Zwei Abenteurer, wäre ja auch zu schön gewesen, wenn immer alles mehr oder weniger gut geklappt hätte. Wünsch Euch gute Nerven und ein großes Quentchen Glück. Vielleicht tröstet es Euch, das dies die Geschichten sind, die man später seinen Kinden erzählt! Werde heute mit Dennis sprechen und hören, wie es jetzt mit Cancun weitergeht.
Fühlt Euch gedrückt!
hey hey ihr 2, gestrandet in san diego. die vorstellung unsere adventszeit in southern califonia zu verbringen. ice-cold corona statt glühfix – yezz, das wär’s. geniesst die zeit des laissez-faire und nehmt einfach viel anlauf für eure fahrt nach mittelamerika. … Ándale! Liebe grüße!!
Servus aus Kirchheim. Eure Reise is da Wahnsinn. Viel Glück und Grüße von Herbert