Lange Zeit freuen wir uns schon auf San Francisco. Die Metropole im Norden Californiens, die sich angenehm übersichtlich anfühlt. Man hat so viel davon gehört und weiß gleichzeitig nichts – bis man dort gewesen ist. Eine Stadt die tagsüber keine Wünsche offen lässt und nachts zum Albtraum wird – zumindest als spontane Reisende in einem VW Bus.
Als wir nicht mehr weit von San Francisco sind fällt uns auf, dass wir eigentlich keine Ahnung haben. Nicht nur das, wir sind völlig planlos. Was wollen wir überhaupt sehen? Was sind die Highlights? Und welches Viertel besucht man, um das alternativere Leben kennen zu lernen?
Wir steuern den nächsten McDoof an und danken den Erfindern des Smartphones. Kurze Zeit später haben wir einige Anhaltspunkte. Und eine Email an Ross gesendet. Ein Kontakt, von Maria aus Seattle. Ein junger Mann, der im SFJazz arbeitet und abends Trompete spielt. Aber zunächst starten wir in Sausalito. Eine kleine Stadt auf der anderen Seite der Bucht. Von dort aus hat man einen super Blick auf die gesamte Skyline. Fährt man den Berg weiter hoch, gelangt man zu einem Aussichtspunkt mit perfekter Sicht auf die Golden Gate Bridge. Der Wind gibt in diesen Minuten sein Bestes und alle versuchen vergeblich die Haare zu bändigen. Selfies mit Mähne im Gesicht ist anscheinend nicht so angesagt. Die rote Brücke trägt uns dann in die Stadt. Die verzierten, hellen Häuser und die werbenden Leuchtschilder haben es uns gleich angetan. Wieder ein Mal wird es für uns zu früh dunkel. Wir müssen noch einen Schlafplatz finden. Und erneut erweist sich Californien als Camper unfreundlich. San Francisco bietet genau einen öffentlichen Campingplatz im Presidio/Fort Mason. Angeblich gibt es einige wenige Plätze und man muss vorher reservieren. Das Building 210 dafür, war nicht auffindbar. Trotz Adresse und Navi. Also weiter geht’s. Wir stoßen auf einen Parkplatz mit Aussicht auf die Innenstadt und die beleuchtete Golden Gate. Es gibt kein „No overnight parking“ Schild. Zufrieden widmen wir uns dem Abendessen und dem Schlaf. Bis es um 2 Uhr morgens energisch klopft. Die Helfer in Dunkelblau. Hallo again. Ob uns bewusst wäre, dass wir im National Park stehen, wo übernachten verboten ist? Ähm, nein. Da vorne ist eine Kletter- und Lagerhalle. Wir wussten nicht, dass das heutzutage zur Ausstattung eines Nationalparks gehört. Nach einigen Belehrungen und Fragen schicken sie uns weg. Ein Ticket haben wir glücklicherweise nicht bekommen. Aber einen Tipp zwischen den Zeilen: Supermarkt Parkplatz.
Nach dieser unruhigen Nacht fahren wir nach Haights. Ein Viertel mit vielen Vintage Läden und kreativem Strassenbild. Dann bekommen wir die Nachricht von Ross, dass wir uns für ein gemeinsames Mittagessen am SFJazz treffen können. Gesagt, getan. Wir essen ein Sandwich am Burning Man Pavillon und der Trompeter gibt alles. Ergebnis ist eine Liste mit allen Dingen, die wir in San Francisco machen sollten. Und als wäre dies nicht schon großartig genug, besorgt er uns noch Tickets für ein Jazz Konzert in der Grace Cathedral. Motiviert machen wir uns auf den Weg in die Mission. Ein Viertel, das so bunt ist, wie Lateinamerika. Denn davon ist es geprägt. Man hört schnelles Spanisch überall. Sieht lustige Läden mit viel Plastik-Nippes und Mariachi mit gelbem Kontrabass. Kurz setzen wir uns in den Dolores Park und beobachten die vielfältigen Menschen, die hier ihre Zeit verbringen. Zu lange sollte man dort nicht bleiben. Die Gefahr vom passiv Kiffen völlig benebelt zu sein, ist hoch.
Nach dem Abendessen fahren wir in ein Wohngebiet, suchen einen Platz, wo wir niemanden stören. Wir hoffen durchschlafen zu dürfen. Was jedoch schwierig ist, wenn man bei jedem Geräusch oder Lichtkegel aufschreckt. Viele haben uns gefragt, warum wir uns nicht einen Campinglatz außerhalb gesucht haben oder einfach in ein Hotel gegangen sind. Die Antwort ist simpel: Finanzen. Der private Campingplatz in der Stadt kostet 125 $, Dry Site und hat am 31.10. zu gemacht. Der Nächste befindet sich in Pacifica. Knapp 70 Kilometer von San Francisco entfernt. Hotels sind kaum bezahlbar. Oder zumindest nicht, wenn man noch neun Monate Reise vor sich hat, bei der man nicht weiß, ob man das Geld vielleicht irgendwann dringender benötigt. Wir durften durchschlafen und schlendern am Morgen durch das Castro-Viertel. Hier wohnt ein großer Anteil der homosexuellen Bewohner San Franciscos. Dementsprechend bunt und schön ist diese Gegend. Unseren ersten Kaffee des Tages gibt es im Philz. Ein Laden in dem man unzählige Kaffeesorten zur Auswahl hat. Exotische Kombinationen, die manchmal Minzblätter enthalten. Jede Tasse wird einzeln aufgebrüht und mit Sorgfalt zubereitet. Und nein, wir bekommen keine Provision vom Café. Es war einfach spannend und lecker. Mittags schauen wir uns den beeindruckenden Botanischen Garten an. Dieser ist im Frühling vermutlich noch besser. Der Garten liegt im Golden Gate Park. Mit einem kleinen Picknick und dem Frisbee ausgestattet verbringen wir also den restlichen Tag in der Sonne. Abends machen wir fröhlich mit dem fremde-Leute-auf-Empfehlung-Treffen weiter. Ein Freund connected uns mit Bernhard. Ein Münchner, der vor fünf Jahren nach San Francisco kam – und auch gar nicht mehr weg möchte. Er lädt uns auf ein Glas Wein in die Marina ein und wir erzählen unsere Geschichten. Für den nächsten Morgen haben wir einen Plan. Wir suchen ein öffentliches Schwimmbad. Und finden einen wunderbar kleinen, versteckten Community Pool in der Mission. Bei herrlichen 19 Grad tauchen wir in das türkise Wasser und ziehen unsere Bahnen. Das Gefühl etwas ganz Normales zu tun, ist gut. Etwas, was ein Anwohner der Mission vielleicht jeden Dienstag und Donnerstag tut. Und wir mittendrin.
Frisch geduscht gehen wir unseren „Touri-Tag“ an. Der erste Programm Punkt ist der Fisherman’s Wharf. Dort essen wir Seafood. Zwei Gerichte. Halbe, Halbe. Nach dem Wechsel Krabbencocktail gegen Seafoodsandwich meinten zwei Möwen, dass diese Hälfte wohl ihnen gehört. In einem Affentempo stürzen sich die Vögel auf das Sandwich und klauen es direkt aus der Hand. Ein Mal geblinzelt und es war weg. Völlig fassungslos starren wir die Tiere an. Sind wütend über die Dreistigkeit und darüber, dass alle Touristen um uns rum die Vögel zu füttern scheinen. Also glauben die Möwen auch noch ein Anrecht auf unser Sandwich gehabt zu haben. Frechheit. Weiter geht es zum Pier 39 um die berühmten Seelöwen zu sehen. Wenn man sich an den Geruch gewöhnt hat, ist es auch wirklich nett anzusehen. Als das abgehakt ist, machen wir uns auf, den Schienen der alten Cable Cars zu folgen. Bergauf. Und das heißt in San Francisco harte Arbeit. Warum wir das tun? Um uns nicht am Fisherman’s Wharf in die Touri Schlange stellen zu müssen. Sondern an einer Haltestelle weiter oben einfach aufspringen zu können. Das Ticket ist teuer ( 7 $ Einzelfahrt) aber lohnt sich. Es macht Spaß die alte Strassenbahn ruckeln zu sehen und zu beobachten, wie sich die Fahrer über Glocken miteinander verständigen. Wir steigen am Cable Car Museum aus. Und das schließt direkt vor unserer Nase die Türen. Geöffnet nur bis 17 Uhr. Großartig. Seitlich des Gebäudes gibt es jedoch große Fenster, so dass wir wenigstens einen kurzen Blick hinein werfen können. Wir schlendern durch das Viertel in Richtung Grace Cathedral. Dort treffen wir uns mit Ross noch mal zum Abendessen. Bei Thaifood reden wir über Gott und die Welt. Das anschließende Jazz Konzert in der Kathedrale, die eindeutig Notre Dame nachempfunden ist, erfüllt uns mit Ehrfurcht. Vier der weltberühmtesten Jazz Musiker spielen auf ihren Klarinetten. Und wir dürfen dabei sein.
Wir verabschieden uns von San Francisco und fahren Richtung Carmel. Wir danken dieser Stadt für drei grandiose, ereignisreiche Tage und verteufeln sie ein klein wenig, wegen der mangelnden Campingmöglichkeiten. Bereitet man sich besser vor, können andere dort aber sicher ruhigere Nächte verbringen.
Kommentare
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Wie tröstlich – San Fran kann man auch nach 25 Jahren noch wiedererkennen.Hab eine kleine Träne eingedenkt schöner Erinnerungen verdrückt und grüße die Liebenden auf der ganzen Welt. Und ganz besonders Euch!
Frisco, ja! Hatte mir auch gefallen, obwohl es nicht so sauber war. Aber die Athmosphäre, die schönen Häuser und die vielen kleinen Details. Sausalito auf der anderen Seite der Golden Gate Bridge war ja auch mal ursprünglich ein Künsterdorf und jetzt wohnen da schön versteckt etlich Superreiche Mitmenschen. Die Rundfahrt an der Küste lohnt sich…
Ich stelle fest, ich muss und will auch mal wieder dahin. Danke für den Floh im Kopf!