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Man stelle sich ein Land vor, ein Land ohne Lachen. Eine Stadt ohne Farbe. Einen Ort ohne Unterhaltungen. Eine Reise ohne Hilfsbereitschaft. Ein Kennenlernabend ohne Bier. Keine schöne Vorstellung? Richtig. Glücklicherweise ist unsere Welt so nicht. Und deswegen widmen wir diesen Artikel den Menschen, die uns ihre Türen öffneten.

Es fängt in Vancouver an. Die Mellinghauses laden uns für eine Woche in ihr Haus ein. Der Bus wird in der Einfahrt geparkt. Und als wäre es das Selbstverständlichste dieser Erde, werden wir für eine Woche Teil der Familie. Wir leihen uns das Gefühl „Heimat“. Gute, tiefsinnige Gespräche füllen die bierreichen Abende. Und ohne zu fragen, bekommen wir den Kontakt von Maria in Seattle. Maria kennt uns nicht. Aber auch hier dürfen wir einige Tage auf dem Driveway stehen, die Annehmlichkeiten einer richtigen Küche und des Badezimmers nutzend. Wir kommen in ein buntes Haus, dass das Wort Gastfreundschaft nur so lebt. Zusätzlich gibt sie die besten Tipps für Seattle. Maria kennt Ross. Den jungen Trompeter in SanFrancisco. Dieser zieht alle Register um uns „seine“ Stadt aufzuschreiben. Die schönsten, kreativsten Stadtviertel und ein Jazz Konzert inklusive. Auch Bernhard hilft uns bei einem Glas Wein, den Sightseeing-Plan für den nächsten Tag zu schmieden. Uschi sorgt in Carmel-by-the-Sea dafür, dass wir die vermutlich beste Dusche des gesamten Trips nutzen können und im Japanischen Restaurant einen Tanz einlegen (müssen). Im Topanga Canyon treffen wir den zweiten Bernhard. Ein Abiturkollege von Marc. Auf seiner Terrasse sitzen wir unter californischen Eichen und lauschen einem Mann, der seinen Weg gefunden hat. Wieder werden wir eingeladen, zu übernachten. Die darauf folgenden Abende erfahren wir mehr über Yoga, Bodywork und Ufos. Philosophieren über die Widrigkeiten des Lebens und setzen uns kritisch mit der Politik auseinander. Er hat einen Kontakt in Venice Beach für uns. Aber vorher sehen wir Bettina in Malibu und verbringen einen schönen Nachmittag mit Seafood und Kaffee. In Venice Beach angekommen erwarten uns Russ, Sue und der Kater Tupac. Als wären wir alte Freunde, sitzen wir bei einem Bier zusammen und lachen, bis uns die Bäuche schmerzen. Unser Schlafzimmer haben wir immer dabei und um es mit Russ’ Worten zu sagen: „You are the fucking easiest overnight guests we’ve ever had – bringing your fucking own bedroom with you.“ Nach ein paar Tagen in der Wüste, diesmal ausnahmsweise ohne jemandem zur Last zu fallen, erreichen wir an Thanksgiving San Diego. Wir stehen vor der Tür von Markus und seiner Familie. Es sind Freunde von Bekannten. Im Sinne von Thanksgiving laden sie uns zum Essen ein. Nach dem leckeren Turkey und einem Glas Wein ist klar: Wir dürfen bei ihnen bleiben. Nicht nur das, wir tauchen in diese Familie ein. Mit den Kindern geht es nach Torrey Pines und zum anstehenden „Friendsgiving“ im Haus von Petra und Jeremy. Wir dürfen Teil eines unglaublich schönen Brauchs sein. Unter Lichterketten sitzend, unterhalten wir uns mit Menschen aus allen Teilen dieser Erde. Kinder springen lachend durch die Gegend, während die mitgebrachten Reste von Thanksgiving verspeist werden. Das leckerste Essen seit langer Zeit. In den folgenden Tagen stehen Markus und Debbie die erste Bus-Krise mit uns durch. Sie helfen, wo sie nur können. Unglaublich, wie selbstverständlich hier mit uns geteilt wird. Wir bekommen die Möglichkeit günstig zu telefonieren, werden hin- und hergefahren und selbst, als wir in ein AirBnB Apartment ziehen rufen sie jeden Tag bei uns an, um zu erfahren ob es Neuigkeiten vom Bus gibt. Alles was wir zurückgeben können ist, ein paar Fotos zu machen und mal auf die Kids aufzupassen. Und auch das hat Mehrwert für uns.Wir haben so viel Gastfreundschaft erfahren, obwohl es keine Selbstverständlichkeit ist zwei verrückte Deutsche mit ihrem VW Bus aufzunehmen. Der persönliche Raum eines jeden Menschen ist ein hohes Gut. Wenn dieser Raum geteilt wird, wurde einem unglaubliches Vertrauen entgegen gebracht. Manchmal fällt es schwer, die Bedenken abzulegen. Man möchte ja niemanden stören, oder Unannehmlichkeiten bereiten. Diese Gedanken sind wichtig. Sie sorgen für das richtige Maß an Zurückhaltung. Dennoch: Traut euch, an fremde Türen zu klopfen. Nur so lernt man Land und Leute authentisch und wahrhaftig kennen. Mittendrin, statt nur dabei.

Die Westküste ist ein grandioser Ort. Landschaft und Städte überzeugen. Für uns aber, wird dieser Teil der Strecke vor allem geprägt sein von den Menschen, mit denen wir eine tolle Zeit verbracht haben. Hoffentlich treffen wir noch viele Weitere. Die Erinnerung wird mit ihren Gesichtern fest verwoben sein. Vorherrschend das Gefühl der Dankbarkeit. Aus Fremden wurden Freunde.

Leider haben wir nicht von allen Fotos gemacht. Doof eigentlich. Naja. Sollte sich jemand hier nicht sehen wollen, sagt Bescheid. Wir nehmen das Bild wieder raus.


Kommentare

  1. Monika (Mama) sagt: Dezember 10, 2015 at 12:17 pm

    Würden doch Millionen Euren Blog lesen, dann könnten diese Menschen vielleicht auch ihre Angst vor ‚Fremden‘ hinter sich lassen! Ich gebe zu, ich beneide Euch ein großes WENIG um diese wunderbare Erfahrung! Gestern hat unsere Angela eine Auszeichnun von TIME erhalten. Zitat: „Europe’s most powerful leader is a refugee from a time and place where her power would have been unimaginable.“
    Nun wurde sie zur Persönlichkeit des Jahres 2015 gekürt. Damit dürfte das Bild vom ‚häßlichen Deutschen’nach mehr als einen halben Jahrhundert hoffentlich endgültig verblaßt sein.Und Ihr tragt mit Sicherheit auch dazu bei!

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