Foto / Kolumbien

Zehn lange Stunden sitzen wir im Auto. Es ist unendlich heiß und das Fahrverhalten der Kolumbianer ändert sich auch weiter südlich nicht. Wieder werden unnötig Staus verursacht, weil ein Taxi auf Geisterfahrer macht oder Maut- Stationen einseitig gesperrt werden. Vier Stunden für 70 Kilometer? Hier, gar kein Problem. Wenigstens haben wir genug Zeit die vielfältige und wunderschöne Landschaft vor unseren Fenstern zu bewundern.

Irgendwann erreichen wir aber doch die Schotterstrasse, die uns zur Tatacoa-Wüste führen soll. An einer kleinen Weggabelung bleiben wir stehen und übernachten. Die Hitze ist greifbar, ja beinahe sichtbar. Die dicke, feuchte Luft legt sich um einen und lässt die ganze Nacht nicht nach. Was wir jedoch nicht sehen, sind die Micro-Fliegen. Sie setzen sich auf die Haut und laben sich an unserem Blut. Draußen, im Bett, in der Kleidung. Insektenschutz? Das wir nicht lachen. Inzwischen haben wir alle denkbaren Produkte ausprobiert, von der Chemiebombe bis hin zum Bio-Lemon-Eukalyptus Spray – nichts hilft gegen die ansässigen Vampire. Am nächsten Morgen sind wir um stolze 200 Stiche reicher! Gratulation. Manchmal versteht man die Welt nicht. Vor dem Trockengebiet zerfliessen wir fast, aber als wir dann in der Wüste stehen regnete es und ist kühl. Der Bus findet einen Platz mit Aussicht über das ganze Areal. Genau die richtige Zeit für einen Kaffee! Fehlanzeige. Seit nun mehr als zwei Wochen suchen wir verzweifelt nach unseren speziellen Gaskartuschen. Und weil uns der Benzinkocher auch so lieb hat, verstopft er ständig. Inzwischen geht der Reinigungsdraht nicht mehr raus und das Ding ist nutzlos. Dabei kann der arme Kerl eigentlich gar nichts dafür. Der Sprit hier ist verunreinigt und die Suche nach Benzina Blanca haben wir schon lange aufgegeben. Um also den Koffeinmangel zu verdrängen, widmen wir uns verschiedenster Dinge im Bus. In der Zwischenzeit bereitet der Regen in Zusammenarbeit mit unserer Markise eine Dusche vor. Als es endlich trocken wird, suchen wir uns unseren Weg durch die rotbraunen Lehmformationen des Desierto Tatacoa. Angeblich soll es einen richtigen Trail geben, wir fühlen uns dann doch eher als Spurensucher. Also ginge man davon aus, die Sonne würde scheinen und es wäre heiß, so dass es sich auch nach Wüste anfühlen würde und das Licht die rote Farbe der Erde umspielt, DANN wäre es einen Besuch absolut wert. Im Nieselregel – nicht so.  Wir brechen auf, um uns die nächste Attraktion anzusehen. Der Statuenpark von San Agustín.  Aber vorher halten wir noch in der nächsten Großstadt bei einem Mechaniker. Mit Händen und Füßen versucht Marc zu erklären, dass das Röhrchen mit dem Reinigungsdraht von einem Benzinkocher stammt, und nicht etwa von einem Auto. Seine Bitte: eine Lösung finden, den Draht aus dem Rohr zu bekommen. Sogleich finden sich alle angrenzenden Mechanikerjungs und deren Freundinnen zusammen und beratschlagen. Viele Worte, Gesten, Gebrauchsanleitungen und Übersetzungsprogramme später kommt die Gruppe jubelnd aus der Werkstatt. Es wird abgeklatscht und gefeiert. Einer kam auf die Idee das Rohr zu erhitzen und dann fest am Reinigungsdraht zu ziehen, der sich wohl verkantet hatte. Smarter Kerl. Geld wollten sie dafür dann auch keins, aber unbedingt ein Foto. Wie könnten wir das ausschlagen?! Der nächste Morgen erwartet uns mit dem ersten selbstgekochten Kaffee seit Wochen. Flüssiges Glück. Den Vormittag über schauen wir uns das Museo de San Agustín an und das weitläufige Areal mit all den Statuen der Ureinwohner. Über die man im übrigen, in diesem Teil Südamerikas, ganz wenig weiß. Einzig die Art, wie sie die Statuen geformt haben und ihre Hütten gebaut, ist bekannt. Wozu jedoch genau und woher die Siedler kamen, hat man noch nicht rausgefunden. Bevor es für uns langsam über die Grenze nach Ecuador gehen soll, stellen wir uns noch einer kurvigen Herausforderung: die Trampolin de la Muerte. Wohl die bekannteste Strasse Kolumbiens, die ihrem Namen alle Ehre macht. Einspurig schlängelt sie sich durch den Dschungel, teils ohne schützende Leitplanken, mit steilen Abgründen und kleinen Flussüberquerungen. Mit dem Gegenverkehr empfiehlt sich die Einstellung „Der Klügere gibt nach“. Die Aussicht ist atemberaubend und den völlig angstfreien Motorradfahrern auf der Strecke kann man nur Bewunderung entgegen bringen. Unsere letzte Nacht in Colombia verbringen wir auf dem Parkplatz der Kathedrale Las Cajas. In lustiger Partybeleuchtung sticht sie im Dunkeln der Nacht eindeutig hervor. Am folgenden Morgen schauen wir uns das ganze von Nahem an und sind von der Architektur durchaus beeindruckt. Die wunderschönen, feinen Mosaike bilden Bischöfe und Heilige ab und sind in der Kirche zu finden.

Am selben Nachmittag noch verlassen wir Kolumbien. Ein Land, dass uns mit seinem Verkehr, der Hitze, seinen steilen Bergstrassen und fehlenden Gaskartuschen herausgefordert hat. Aber das werden wir vergessen. Es wird nicht im Kopf verankert. Und hätten wir ohne den verstopften Benzinkocher die hilfsbereiten Mechaniker kennen gelernt? Nein. Bleiben wird also der Eindruck von einem Land, das sich entwickelt, gegen seinen schlechten Ruf ankämpft. Die freundlichsten Menschen unserer bisherigen Reise beherbergt und vor imposanter Natur nur so strotzt!


Kommentare

  1. Mama (Monika Scherer) sagt: Mai 24, 2016 at 8:51 pm

    Ihr seid so tapfer! Und ich bin sehr froh, dass Ihr zumindest körperlich unversehrt dieses aufregende Land verabenteurert habt.In Gedanken immer bei Euch!

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