Canada / VW Bus T3 Syncro

Inzwischen sind wir von Ontario über Manitoba weiter nach Saskatchewan. Von Provinz zu Provinz wurde die Landschaft flacher und eintöniger. Wir dachten in Teilen von Ontario sei es langweilig… Da waren wir aber noch nicht in den unendlichen Prärien zwischen Thunder Bay und Saskatoon! Alle paar Meter stört ein Schildermeer die schnöde Umgebung. Unter anderem die Warnung vor Elchen. Elch bei Nacht, Elch springt, Elch crasht Auto. Es gibt mannigfaltige Hinweise. Einfallsreich sind sie ja, und dann auch noch in zwei Sprachen. Jede für sich bekommt selbstverständlich ein eigenes Schild. Das Einzige jedoch was nie zu sehen ist, ist ein echter Elch. Weil wir mit einem Bild von einem realen Exemplar nicht aufwarten können, lassen wir euch aber gern an den vielen gelben Warnschildern teilhaben. Nachdem wir uns damit abgefunden haben, konzentrieren wir uns wieder mehr auf die Tiere, die man tatsächlich sieht. Rehe am Waldrand und im Vorgarten, Murmeltiere, einen Weißkopfadler und tote Waschbären – auf dem Seitenstreifen. Davon gibt es schmerzhaft viele. Leider. Wir befinden uns zwischen Thunder Bay und Kenora, als wir uns einen Kaffee bei Tim Hortons holen. Auf dem Parkplatz spricht uns eine Frau um die 50 an und, wie schon so viele vor ihr, liebt sie unser Auto. Als sie dann noch von der geplanten Route hört, ist kein Halten mehr. Selten haben wir so wunderbare Begeisterung gesehen. Wir erfahren, dass sie indigene Wurzeln hat. Sie kommt aus einem nahe gelegenen Reservat und trägt einen besonders passenden Namen: Cindy Fischer. Nein, wir veralbern euch nicht. Zum Abschluss schenkt sie uns einen handgemachten Traumfänger. Er ist nicht ganz fertig und die gewagte Farbkombination aus Silber und Lila ist auch fraglich – aber sie wollte uns unbedingt etwas mit auf die Reise geben. Ein Geschenk. Etwas, dass Glück bringt und Unheil fern hält. Und so wird aus dem kitschigen Dreamcatcher etwas ganz Besonderes mit Geschichte. Wir mögen ihn, und Cindy Fischer. In dieser Nacht wollen wir wieder wild Campen. Das stellt in Canada kein allzu großes Problem dar. Man muss ein bisschen Ausschau nach geeigneten Plätzen halten und bis jetzt hat uns niemand verscheucht. Wichtig ist es, keine Schilder zu übersehen die privaten Grund kennzeichnen. Wir halten also an einem See. Gemütlich in unserem oberen Schlafgemach liegend, überrascht uns ein Gewitter. Direkt über uns. Der prasselnde Regen erzeugt einen so unglaublichen Lärm, dass an Schlaf nicht zu denken ist. Blitz und ohrenbetäubender Donner tun ihr Übriges. Nach einiger Recherche wissen wir: Bei Gewitter darf man auf keinen Fall im Dachzelt bleiben. Das doch recht dünne Metallgestell reicht nicht aus, um den Blitz abzuleiten. Anfängerfehler. Jetzt wissen wir es besser. Weiter geht es nach Winnipeg. Die Stadt in Manitobas Süden hat ihren Charme. Durch die Industrialisierung und den schnellen Wachstum im 19. Jahrhundert beherbergt sie viele alte Fabrikgebäude mit handgemalter Werbung auf den Backsteinfassaden. Jede Ecke wäre die perfekte Kulisse für ein Fashionshooting. Wir schlendern durch eine fast geschlossene Stadt. Es ist Labour Day Weekend und alle sind ausgeflogen. Macht nichts, gefallen hat es uns trotzdem. Wir bringen am nächsten Tag weiterhin einiges an Kilometern durch die Prärie hinter uns und den Temperaturschock als wir die Grenze zu Saskatchewan „überfahren“. 9 Grad. Einfach so. Und in kurzen Hosen. Wir steuern den kleinen Nationalpark am Good Spirit Lake an. Kann ja nicht schaden. Und am nächsten Morgen geht es weiter Richtung Saskatoon. Dort wollen wir uns auf die Suche nach einer Werkstatt machen, die das Öl wechselt und das Kühlmittel checkt. Wir finden einen Volkswagen Händler und Keith. Keith ist ein Fan aller VW Modelle. Die gesamte Werkstatt versammelt sich um den Bus. Sowas sehen sie höchstens ein Mal im Jahr, sagt man uns. Und dann noch einen Synchro und so gut erhalten. Wahnsinn! Keith kennt sich aus und ist super hilfsbereit. Er schreibt uns Werkstätten an der Westküste auf, die alte VW Teile haben. Wir können ihn im Notfall jederzeit anrufen. Gar kein Problem. Na, wenn das mal kein Service ist. Trotzdem drängeln wir uns mit in die Werkstatt-Halle. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Es geht um unsern Bus, um unser Zuhause. Wir haben zwei Ölfilter aus Deutschland mitgebracht, was gut ist. Den Ersten nehmen sie dankbar an und verbauen ihn. Alles geht gut und der Grüne ist für die lange Weiterfahrt nach Alaska gewappnet. Vielleicht können wir bei der nächsten Werkstatt unseren leicht hysterischen Kontrollwahn ablegen? Wer weiß. Weiter auf der Straße Richtung Westen durchqueren wir immer mehr der Weite. Prääääärie. Das Wort klingt schon langatmig. Die Landschaft verändert sich aber irgendwie. Als würde man durch eine Kinderzeichnung fahren. Blauer Himmel, pfluffige Wolken, goldgelbe Weizenfelder durchsetzt mit blauen Miniaturseen. Auf jedem eine kleine Schar Enten. Vielleicht ist die Prärie ja doch nicht nur doof…

 


Kommentare

  1. Monika (Mama) sagt: September 11, 2015 at 12:51 pm

    Indigene Wurzeln – gutes Stichwort. Da gibt es viele wirksame Heilpflanzen für alle möglichen Krankheiten und altes Wissen,das der Pharmaindustrie das Fürchten lehrt. Mitnehmen und mitbringen. T’embrasse et garnd baiser!

  2. Tolle Erlebnisse, so herrlich beschrieben, da fühl ich mich mittendrin statt nur dabei :-)
    Cindy Fischer mit dem Traumfänger… Klasse.

Schreibe einen Kommentar