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Zu der ersten Stadt Kolumbiens, die wir zu sehen bekommen, fallen einem vier Worte ein: farbenfroh, lebendig, authentisch und einladend. Von der ersten Minute an, fühlen wir uns hier wohl. Und das liegt nicht nur an der Erleichterung dem offenen Meer entkommen zu sein. Aber auch hier steht ein weiterer schwieriger Schritt an. Wie bekommt man sein Auto aus dem Container – ohne einen Nervenzusammenbruch zu erleiden?!

Nach der offiziellen Anmeldung durch einen Agenten in der Marina, dürfen wir einreisen. Der deutsche Agent des Segelboots kommt auch auf uns zu. Unser Partner vom Container hat sein Auto bereits rausgeholt. Das ist illegal, interessiert hier aber keinen. Und außerdem hätte die Agentin in Panama uns schlecht beraten. Es würden höhere Kosten auf uns zukommen. Aber wenn er uns hilft, ist das ja alles gar kein Problem. Und überhaupt die Kolumbianer wären ja faule und unzuverlässige Niedermenschen. Ohne ihn kämen wir da nicht weit. Bis wir das alles verständlich aus dem zahnlosen Herren raus hatten, verging eine Stunde. Unsympathisch war er uns mit seinen respektlosen Kommentaren auch gleich. Der Blutdruck steigt. Das fängt ja gut an. Mit den zwei Schweden vom Segeltörn, Ludwig und Jacob, suchen wir uns erst mal ein Hostel. Fündig werden wir im Zentrum, der Calle Media Luna. Eine wunderbar bunte und lebendige Strasse. Den Nachmittag hängen wir immer wieder am Telefon, um die Anweisungen des Agenten entgegen zu nehmen. Dieser vertröstet uns auf den nächsten Tag. Früh morgens startet Marc allein zur Wohnung des Zahnlosen. Gemeinsam erledigen sie einen unglaublichen Papierwust im Hafen. Immer mehr Mitarbeiter gesellen sich zu Marc, als er aufs Hafengelände geht. Unter ihnen auch der Inspektor. Das Siegel des Containers wird genauestens begutachtet, Fotos werden gemacht, Anweisungen ins Funkgerät gesprochen. Marc steht Kopfschüttelnd daneben. Der Partner hatte den Container einige Tage zuvor doch längst geöffnet – wozu der ganze Zauber? Sinn macht das keinen. Als der Bus gestartet werden soll – nichts. Die Batterie ist leer. Also wird aus dem Container gerollt und später Starthilfe benötigt. Zurück im Hostel berichtet er mir von der mangelnden Logik und gönnt sich eine kurze Pause. Nachmittags geht es weiter. Wieder allein. Nach wie vor darf nur der Fahrzeugbesitzer den Hafen betreten. Erst geht es aber zum Zoll, erneuter Papierkrieg. Und der Kampf um die Rechnung. Unser Partner hat sich nicht an die Absprachen gehalten. Deswegen müssen wir nun mehr bezahlen. Dank des Agenten zwar weniger als anfangs gedacht, aber immer noch mehr als mit der Agentin in Panama verabredet. Wenn man Zeit hat, könnte man da schon sauer werden. Hat Marc aber nicht. Er muss sich einen weiteren Zettel abholen. Und somit die Erlaubnis den Grünen endlich aus dem Hafen zu holen! Dafür braucht es jetzt Starthilfe von einem Mitarbeiter mit seinem Gabelstapler. Der Agent am Telefon sagt, dieser will unter der Hand Geld dafür. Sonst müsse er den offiziellen Werkstattservice rufen. Herrje. Als Marc ihm sein „Trinkgeld“ zukommen lassen will, schaut der Mitarbeiter mit den Augen nach oben und verwehrt das Geld. Was ist das Problem? Marc hat verschiedene Ideen dazu. Meint er, Gott wird es schon richten? Oder muss er in ein Büro nach oben? Hat der arme Mann ein Problem mit seinen Augen? Bis ihm klar wird: Überwachungskameras! In einem versteckten Moment gelingt die Übergabe aber dann doch noch und der Bus bekommt seine Starthilfe. Eine Stunde quält Marc sich durch die einbahnstrassenlastige Verkehrsführung Cartagenas. Dann steht der Grüne heile und unversehrt in einem überwachten Parkplatz.

Um die Rückkehr unseres Zuhauses zu feiern, gehen wir abends mit den Schweden aus. Das Café Havana ist dafür der richtige Ort! Leckere Mojitos in verschiedenen Varianten, Salsa tanzende Menschen, sowie Livemusik ab 23 Uhr. Auch mit dabei, Arash. Den haben wir mal wieder mitten auf der Strasse nahe unseres Hostels gefunden. Arash is everywhere. Leicht verkatert erkunden wir die Altstadt. Man hat Freude an den bunten Häusern aus der Kolonialzeit. Bleibt stehen bei den vielen kleinen Schmuckdesignern auf der Strasse und kauft das ein oder andere Souvenir. Man isst eine leckere Eiscreme aus der Gelateria Tramonti und schwitzt. Den ganzen Tag. Es ist unglaublich heiß in dieser Hafenstadt. Nur wenn man auf der alten Stadtmauer spaziert, ist es gut auszuhalten. Der leichte Wind aus Meeresrichtung kühlt, aber auch der Ausblick und das ein oder andere Café ist den Besuch wirklich wert. Einen kostenlosen Rundgang im Museo d’Oro kann man auch noch einlegen. Die Räumlichkeiten sind mit AC ausgestattet und das gezeigte Gold der indigenen Menschen wunderschön. Weil wir nie wissen, welcher Wochentag ist, stehen wir am Samstag Vormittag vor verschlossenen Türen der Versicherung. Die man in Kolumbien jedoch obligatorisch abschließen muss. Unseren Zeitplan bringt das durcheinander, wirklich traurig sind wir aber nicht. Noch zwei weitere Tage in dieser bezaubernden Stadt verbringen zu dürfen ist nicht das Schlimmste. Diese nutzen wir, um uns die Festung San Felipe anzuschauen. Eine wirklich durchdachte Burg, die man mit professionellem Audioguide erkunden kann. Abends statten wir dem kolumbianischen Restaurant mit seinen Neonröhren, der lustigen Kellnerin und dem leckerem Arroz con Pollo einen Besuch ab. Den letzten Abend, bevor wir Montag Morgen die Versicherung besorgen können, beschließen wir im neuen Teil der Stadt mit einem Ceviche am Wasser. Die Lichter der Skyline glitzern dazu.

Endlich Südamerika. Wir sind angekommen. Unser Grüner ist wieder bei uns, unversehrt. Das Paket Verschiffung fühlt sich wie eine schwere Last an. Ist es auch. Aber man kann es meistern- mit viel Geduld, Toleranz, einem netten Lächeln und perfektem Spanisch. Haha. Sind alles nicht unsere Stärken – und wir haben es trotzdem geschafft!

Ihr wollt das Hafenprozedere in Cartagena in Kurzform? Und nützliche Infos? Findet man hier.


Kommentare

  1. Mama (Monika Scherer) sagt: Mai 5, 2016 at 8:58 am

    Es ist immer wieder der Wahnsinn wie überall der Mensch seine Identität und Berechtigung aus Formularen und Bestimmungen generiert. Ich bin sehr froh, dass Ihr das mit Humor und Langmut geschafft habt.Und sehr demütig, wenn ich mal wieder über den heimischen Papierkram schimpfe. Deutsche Verwaltungen sind Luxus gegen das was in Afrika oder bei Euch abgeht. Danke für den spannenden Einstieg auf den Kontinent und weiterhin glückkvolle Reise!

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